Einmaliger Landesgrenzstein von 1597 steht jetzt im Kreismuseum Wewelsburg

Auf der alten Grenze zwischen dem Fürstbistum Paderborn und der Landgrafschaft Hessen waren erstmals im Jahr 1597 mit Wappen und Jahreszahl ausgestattete Grenzsteine gesetzt worden. Als im Zuge des Grenzrezesses von 1754 die Grenzlinie verfeinert und mit 210 exakt eingemessenen neuen Grenzsteinen markiert wurde, sind dort alle schon vorhandenen älteren Grenzsteine beseitigt worden. Nur einem glücklichen Zufall ist es wohl zu verdanken, dass ein Wappenstein von 1597 erhalten geblieben ist.
Der Grenzstein wurde von Dieter Siebeck aus Höxter auf dem Dachboden des Museums in Corvey entdeckt. Von seinem Fund hat er mir 2011 in einem Telefonat berichtet. Aufgrund seiner Beschreibungen hatte ich den Schluss gezogen, dass es sich um einen der 1597 aufgestellten Landesgrenzsteine handeln musste.
Als mich im Frühjahr des vergangenen Jahres Markus Moors vom Kreismuseum Wewelsburg fragte, ob ich nicht Grenzsteine kennte, die zur Ausstellung im Historischen Museum des Hochstifts Paderborn geeignet seien, nannte ich den Grenzstein vom Dachboden in Corvey und den Stein Nr. 142 von 1778 auf dem Hof „von Pappenheim“ in Liebenau. Markus Moors ist es gelungen, beide Grenzsteine in „sein“ Museum zu holen. Vor einigen Wochen konnten die Steine dort von mir fotografiert werden.
Das Grenzsteinunikat von 1597 wird nun mit einer Abbildung vorgestellt und beschrieben.

DBZP MLZH 1597 bs abc

Der Grenzstein ist relativ grob mit rechteckigem Querschnitt von etwa 25/18 cm und geradem Kopf aus Sandstein zugeschlagen. Er ist 95 cm lang und ragte einmal etwa 50 bis 60 cm aus dem Boden auf. Die Schauseiten zeigen über der gesenkten Jahreszahl „1597“ jeweils die Initialen und Wappen der Landesherren, die den Grenzvertrag von 1597 geschlossen haben. Auf der ehemals dem Hochstift zugewandten Steinseite ist unter den eingehauenen Initialen „DBZP“, für Dietrich Bischof zu Paderborn, durch Einkerbung ein spanischer Wappenschild herausgearbeitet. Auf diesem steht zentral flach erhabenen das schlichte Hochstiftskreuz, welches in der Mitte überlagert wird vom Herzschild des Fürstenbergers mit zwei Balken. Auf der hessischen Steinseite findet sich unter den Initialen “MLZH“, für Moritz Landgraf zu Hessen, entsprechend das Wappen der Grafschaft Hessen mit dem Flachrelief eines steil aufgerichteten zweischwänzigen Löwen. Der hessische Wappenschild ähnelt dem Paderborner Schild, besitzt aber an den Flanken flache Tartschen-Einbuchtungen.
Es ist nicht mehr festzustellen, wie und woher der alte Grenzstein auf den Dachboden des Museums in Corvey gelangt ist. Vermutlich stammt der Stein aus dem Bereich der Gemarkung Herstelle, an die die ehemals corveyische Mark Jakobsberg angrenzte.
1597 war im Bereich der Gemarkung Herstelle an der Steinklippen auf der Weser … gegen der einen Seiten des Eckensteins über und vor ehegenannter Steinclippe den Berg hinauf an die Steinklippen, an der Höhe, daran das genante Kellerloch stehet, und an derselbigen Klipften hin in jetzbenantes Kellerloch, von dannen zur Rechten herümber auf einen gezeichneten jungen Eichbaum auffen Füßpat und fürters von gezeichnetem Baum an zu durch den Schneckerstein an dem Hohen Geholtz hindurch auf einen hohen Eichbaum mit dreyen Esten … [1] mit der Grenzmarkierung begonnen worden. Die damalige Grenzbeschreibung erwies sich in diesem Bereich jedoch als zu ungenau, so dass sich Streit um die Nutzung der Steinklippen entwickelte. Drei Karten und Niederschriften aus den Jahren 1697 bis 1706 [2][3][4] bekunden, dass im Jahr 1698 Hersteller auf einer Klippe Steine gebrochen haben und … dagegen an hessischer Seite protestiert und derenthalben die Steine nebst deren Instrumenten hinweg genommen wurden [3]. Eine unten im Ausschnitt abgebildete Karte [4] zeigt den umstrittenen Grenzbereich (A) an der Mündung der Diemel in die Weser besonders schön.

KSA_20404 Ausschnitt

Neben der kolorierten Topografie mit – Diemel, Weser, Klippen, Diemelbrücke und der nur mit einem Gebäude angedeuteten von Landgraf Karl gegründeten Stadt Syburg, die später nach ihrem Gründer Karlshafen genannt wurde – sind auch einige Wappensteine von 1597 mit ihren nach Paderborn weisenden Schauseiten, das grenzbestimmende Kellerloch (B) und die Lustklippe (G) eingezeichnet. Die diagonale Linie im Locus quaestionis A ergab sich aus einer Verbindung der Grenzpunkte von Schnadtstein F und des Fundorts eines liegenden Schnadtsteins mit litteris „M.L.Z.H. 1597, nahe der Diemelmündung an der Weser, und bezeichnet die Paderborner Anspruchslinie. In den Verhandlungen zum Grenz-rezess von 1754 setzte sich in diesem Bereich die hessische Sicht der Dinge durch. Grenzstein Nr. 1 wurde demzufolge etwa 230 nordwestlich der Diemelmündung am Ufer der Weser gesetzt und zeigte linea recta den Berg hinauf zwischen der gantz ins Paderbornische Territorium eingeschloßenen Lustklippe in der Schlucht hinauf zu dem 2.ten Stein.

Der andernorts eingehend erörterte geschichtliche Hintergrund der Grenzsteinsetzung wird hier nur in geraffter Form dargestellt.
In der Mitte des 15. Jahrhunderts hatten die hessischen Landgrafen nahezu den gesamten mainzschen Besitz in Nordhessen übernommen und die Grenzen der Landgrafschaft in ehemals paderbornsches Gebiet vorgeschoben. Der Friedensvertrag nach der Hessen-Paderbornschen Fehde von 1471 zwischen Landgraf Ludwig II. und Bischof Simon III. bestätigte das Vordringen der Landgrafschaft Hessen im nördlichen Diemelraum. Gleichwohl kam es im folgenden Jahrhundert noch zu Gerichtsprozessen, um die Landeszugehörigkeit von Helmarshausen, Liebenau, Trendelburg und Reinhardswald. Die Grenze war wohl nur in Teilbereichen exakt bestimmt und dort mit den ersten einfachen Grenzsteinen (Wandtsteine) besetzt worden. Ende des 16. Jahrhunderts, unter Fürstbischof Dietrich IV. von Fürstenberg, wurden deshalb Anstrengungen zu einer endgültigen Regelung des gesamten Grenzverlaufs unternommen. Dietrich hatte 1588 die Grenzverhandlungen mit Wilhelm IV., Landgraf zu Hessen (1568-1592), begonnen und sie nach dessen Tod mit seinem Nachfolger, Moritz Landgraf zu Hessen (1592-1627), fortgesetzt. Es resultierte der Grenzvertrag vom 5.1.1597. In diesem wurde die Grenzlinie erstmals komplett von den Steinklippen, an der Weser oberhalb von Karlshafen, bis zum „Lips-Creutz“, an der Gemarkungsgrenze Volkmarsens, beschrieben und mit zusätzlichen Wappensteinen markiert. Der 1597 festgelegte Grenzverlauf hatte in seinen Grundzügen bis heute Bestand. Da die Grenzbeschreibung jedoch im Detail nicht immer eindeutig war und zu wenige Grenzsteine den Grenzverlauf markierten, kam es, insbesondere in fünf Bereichen der Grenze, weiter zu Streit um Eigentums-, Nutzungs- und Hoheitsrechte. Diese Streitigkeiten sollten durch den 1756/57 ratifizierten Vertrag zwischen Fürstbischof Clemens August von Landgraf Wilhelm VIII. behoben werden. Zu diesem Zweck wurden 1754 nach exakter Grenzvermessung zunächst alle älteren Landesgrenzsteine vollständig beseitigt und insgesamt 210 fortlaufend nummerierte neue Steine gesetzt.

[1] Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Fürstbistum Paderborn, Urkunden, Nr. 2395
[2] Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Domkapitel Paderborn, Kapselarchiv Nr. 194,1 – 1697, KSA 50819
[3] Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Domkapitel Paderborn, Kapselarchiv Nr. 194,1 – 1706, KSA 20404
[4] Landesarchiv NRW Abteilung Westfalen, Domkapitel Paderborn, Kapselarchiv Nr. 194,1 – 1706, KSA 20405

Landesgrenzstein Nr. 25 von 1769, Abschnitt 2.6. Stadt Brilon, ist transloziert

Am Standort des Landesgrenzsteins Nr. 25, am Richtplatz, im Abschnitt 2.6. „Stadt Brilon“ steht seit 1954 die Nachempfindung eines historischen Steins.
Vor einigen Tagen habe ich zwei Fotos des Originalsteins Nr. 25 von 1769 auf der Website von Eberhard Gutberlett – http://www.eberhard-gutberlett.de/ – entdeckt.  Eberhard Gutberlett hat mir freundlicherweise die Genehmigung erteilt, hier seine Fotos zu verwenden und über die Fundumstände zu berichten.

025Original 1769 Fotos E.G. 2007

Vor „vielen“ Jahren hatte ein ehemaliger Abteilungsleiter von Krupp-Stahl den Stein auf einem mit Bauschutt beladenen LKW (wohl noch im Raum Brilon) entdeckt und ihn von den Bauarbeitern gegen Bezahlung erworben. Eberhard Gutberlett konnte den danach im Garten des Erwerbers in Moers aufgestellten Stein erstmals im November 2007 fotografieren. Seine Fotos aus November 2011 zeigen den auf einer Palette abgelegten Stein. Der Steinbesitzer hatte das Haus in Moers und auch seine umfangreiche Antiquitätensammlung verkauft. Für Grenzstein Nr. 25 und einen weiteren historischen Grenzstein aus dem Vogtland hatte man ihm viel Geld geboten.

025Original 1769 Fotos E.G. 2011

Wer den Grenzstein Nr. 25 letztendlich für sich oder zum Weiterverkauf erworben hat ist unklar. Vielleicht meldet sich der heutige Besitzer, wenn er bei der Suche nach dem geschichtlichen Hintergrund des erworbenen Steins auf diese Internetseite stößt.